Text trifft Personality: Wie viel Persönlichkeit braucht ein Text?
Texte leben von ihrer Persönlichkeit - genau wie der kleine goldene Buddha.
Persönlichkeitsentwicklung, Moderne Spiritualität, Achtsamkeit & Co.: Diese Konzepte, oder eher Lebenshaltungen, sind für viele von uns mittlerweile treue Alltagsbegleiter. Wirft man Begriffe wie diese im Business-Kontext in den Raum und fragt Manager oder Führungskräfte, ob sie schon einmal von der Persönlichkeitsentwicklung (PE) gehört oder einige Tools & Strategien sogar praktiziert haben, so darf man sich immer wieder über ein „selbstsicheres“ JAAAIN freuen. Fragt man sie dann, ob sie glauben, dass speziell die PE etwas mit ihrem Business oder gar ihren Texten zu tun hat, stößt man auch mal auf bedröppelte Stille: im Sinne von, „Häh wat?“.
Texte und Persönlichkeit: Jack & Rose oder Batman & Joker?
Was die einen immer noch in völlig fremde Schubladen packen – schließlich geht das eine in die linguistisch-rhetorische, das andere in die psychologisch-spirituelle Richtung – gehört für mich so logisch zusammen, wie Toast und Nutella. Mein Credo lautet: ohne Persönlichkeit kein Text, kein Vertrauen, kein Verkaufen.
Ich spreche übrigens viel lieber von „Persönlichkeitserforschung“ statt „Entwicklung“. Ersteres hat für mich etwas Leichtes, Offenes und Non-Ultimatives. Erforschen auch deshalb, weil Persönlichkeitsentwicklung viel mit Reflexion und genauem Hinschauen (und zwar weit unter die Oberfläche) zu tun hat.
Definition von Persönlichkeit: Wovon reden wir eigentlich?
Lass uns kurz klären, was „Persönlichkeit“ bedeutet, bevor wir uns ans Eingemachte, an die Details, Tipps und Strategien machen:
Die Persönlichkeit wird durch die „Gesamtheit der persönlichen charakteristischen, individuellen Eigenschaften eines Menschen“ gebildet (Quelle: Duden Online). Sie beeinflusst, wie sich unser Verhalten in bestimmten Situationen auszeichnet, welche Emotionen wir empfinden und welche Lebenseinstellung uns leitet. Sie ist dynamisch und setzt sich aus unserem Temperament sowie unseren Charaktereigenschaften zusammen.
Wo waren wir stehengeblieben… richtig, beim Erforschen. Stichwort: Reflexion und genaues Hinsehen. Diese beiden treuen Gefährten gehören für mich nicht nur in jede persönliche Life-Toolbox, sondern auch in jedes Text- und Kreativ-Projekt - mal mehr und mal weniger tiefgehend natürlich, je nach Zeit und Ressourcen.
Warum? Überlege mal, wie die Peeps aus Hollywood ihren neuesten Blockbuster angehen: Emily Blunt ist in der Hauptrolle, klar. Die quirlige Britin sprüht, nebenbei bemerkt, bekanntlich nur so vor Charisma, Charakter und Witz, dass es fast egal ist, was sie spielt. (Vielleicht ist das bei dir und deinem Unternehmen ähnlich. Wenn ja, Glückwunsch!). Trotzdem machen sich die Produzenten & Drehbuchautoren ausschweifende Gedanken darüber, wie die Darstellerin in ihrer Rolle wirken soll, was sie sagt, wie sie es sagt, was ihre Sorgen, Sehnsüchte, Ziele und Wünsche sind. Damit die Zuschauer eine tiefe, aufrichtige Verbindung zu ihr aufbauen, sich mit ihr identifizieren und sagen: Du sprichst mir aus der Seele.
Und jetzt kommt’s: Genau das machen Wahnsinns-Texte mit deiner Marke. Sie sorgen dafür, dass diese eine authentische, wohlig-vertraute Stimme annimmt, eine, die es kein zweites Mal gibt. Obacht: Damit diese Stimme echt und unverwechselbar sein kann, braucht sie eine klare Haltung, Ecken und Kanten und einen roten Faden. Kurzum, sie muss ganz genau wissen wer sie ist und wofür sie steht. Um das herauszufinden, braucht es drei Special-Zutaten: Hirn-Schmalz, Fingerspitzengefühl und Menschenkenntnis.
So brillieren deine Texte mit Stil und Persönlichkeit
Die markante Markenstimme - deine Writer Persona
Fakt ist: Sorgfältig, strategisch gecraftete Texte finden sich bei vielen Unternehmen weit unten auf der Prio-Liste. Die Folge: Schwammige, nichtssagende Texte, die so wenig Persönlichkeit haben, wie ein ausgekautes Hubba Bubba. Die Produkt-Features und (oftmals nicht-kommunizierten) Benefits werden es schon rausreißen. Du hast es erraten: Mit dieser Einstellung ist so mancher schon böse auf die Nase geplumpst.
Doch es war einmal eine charmante Zauberfee, mit deren Hilfe sich Nasen richten und Kunden auf echt-empathische Weise überzeugen ließen: die Markenstimme, Brand Voice oder auch Writer Persona genannt. Dabei geht es um die Identität, den Charakter (die Stärken und Schwächen, das Temperament), die Werte (wie Humor, Empathie oder Emotion), die Menschlichkeit deiner Schreibstimme - und damit deines Unternehmens.
Wie du diese ominöse Stimme zum Leben erweckst?
Diese Fragen können dir helfen, deine Brand Voice zu identifizieren:
· Wer bist du oder wer möchtest du für deine Leser sein?
· Was treibt dich an? Warum?
· Wen sprichst du konkret an (das beinhaltet ein ganz genaues Bild deines Traumkunden)?
· Welcher Charakter und welche Art zu reden passt zu dir und deiner Marke, deinen Lesern?
Du kannst aber auch, ähnlich wie ein Romanautor beim Entwickeln seiner Figuren, einen Charakterbogen mit wichtigen Eigenschaften ausarbeiten. Wertvolle Fragen sind:
Wer steckt hinter dem Text? Was zeichnet die Person oder die Marke aus? Wie alt ist sie? Was sind ihre Stärken und Schwächen? Wünsche und Ängste? Womit kennt sie sich gut aus? Für welche Werte und Charaktereigenschaften steht sie?
Die Markentonalität: Der Sound macht den Vibe
Jetzt weißt du, wie deine Marke tickt und was sie zu bieten hat.
Nun wollen wir uns ansehen, welche Gefühle und welche Atmosphäre diese Stimme kreieren soll – quasi das Ungreifbare greifbar machen. Hier geht es um die Tonalität und den Vibe, den deine Marke über deine Texte transportiert. Die Tonalität beschreibt, wie ein Text wirkt und beim Lesen klingt, welche Stimmung und welchen Charakter er durch Schreibstil, Wortwahl, Satzlänge oder Art der Leseransprache kreiert.
Hier lautet die entscheidende Frage: Wie willst du klingen und welche Worte nutzt du / welche nicht? Um dem auf die Spur zu kommen, setze auf „Power“. Aber wie?
Das Power-Wort für mehr Wort-Power
Unsere rasend-schnelle, von einer schallenden „Consumer is Queen“-Mentalität geprägte Welt möchte schon lange nicht mehr mit schleimiger Marketing-Lingo verführen. Es geht heute vielmehr darum, authentisch und Marken-relevant mit Kompetenz UND Persönlichkeit zu überzeugen. Letzteres bedeutet auch, mutig zu sein, sich trauen anders zu sein, anders zu schreiben.
Individualität und Lebendigkeit in der Textsprache: Das sind die wahren Königinnen unserer Zeit, die der wachsamen Werbemüdigkeit der Verbraucher ein Ende bereiten können. Zum Beispiel mithilfe sogenannter Power-Words. Dies sind – einfach ausgedrückt – besonders starke, aktivierende, fesselnde Wörter (meist Adjektive, Verben oder Substantive), die Texten nix als Schmackes und Substanz verleihen.
Vielleicht denkst du dabei direkt an das Texter-Genie Ogilvy, das in den 60ern erstmals den Begriff des Power-Word prägte. Seine 30 auserwählten Worte hatten damals sicher ihre Berechtigung, doch heute, 60 Jahre später, leben wir in einem Marketing-Kosmos, der vor Komplexität und „Wandelitis“ nur so strotzt. Lass uns im Folgenden schauen, wie wir auch heute - modern und zeitgemäß - von diesem smarten Tool Gebrauch machen können.
Power-Wörter neu gedacht - So nutzt du sie heute für dich
Weniger ist mehr
Hier gilt: Weniger ist mehr. Strategisch statt schwammig.
Und weil mir Letzteres so gar nicht in die Tüte kommt, hier eine kurze Übung, die deinen Power-Word-Flow so richtig ins Fließen und Worte oder Erkenntnisse zum Vorschein bringen kann, an die du zu Beginn never-ever gedacht hättest:
1. Wähle 3-5 Adjektive, die deine Tonalität am besten beschreiben. So etwas wie: direkt, modern, charmant, mitreißend, humorvoll, empathisch, kreativ oder inspirierend.
Übrigens, wer sagt denn, dass du dir für deine anfängliche Brainstorming-Session keine Inspo vom Wettbewerb holen darfst – solange du nicht die verzweifelte Copy-Cat gibst. Durchforste gerne Websites, Social-Media-Kanäle und Co. und checke, was „Power!“ schreit und dich bewegt.
2. Dann suchst du für jeden deiner 3-5 Favoriten jeweils 3 bessere, einzigartigere Alternativen (Adjektive, aber auch Substantive oder Verben).
Zum Beispiel:
· Menschlich – verstehen, Nähe, empathisch
· Innovativ – erfinderisch, clever, Entdecker
Denke gerne auch an Worte, Wortspiele oder Metaphern, die wirklich NUR DU nutzt, bei denen jeder sofort an dich und dein Unternehmen denkt. Das sind deine wahren Schätze! Bei mir wären das zum Beispiel: easy-peasy-lemon-squeezy, Geschwurbel oder Bliblablub.
3. Schließlich grenzt du das Ganze durchs Ausschlussverfahren weiter ein:
Meine Markentonalität ist…
· Empathisch, aber nicht naiv.
· Clever, aber nicht arrogant.
· Positiv, aber nicht total drüber.
· Professionell, aber nicht mit Stock im Po.
· Humorvoll, aber nicht albern.
Voilà, damit schaffst du einen Top-Ausgangspunkt, von dem aus du den Charakter deiner Stimme mithilfe starker Worte identifizieren und formen kannst. Danach geht es so richtig in die Tiefe. Stichwort: Pain Points. Autsch.
Pain Points als Key Points
Wenn du den harten Kern deiner Kunden, deren wahre Bedürfnisse, Ziele und Sorgen knacken willst, sieh dir an, was unter der glibbrigen Oberfläche los ist. Denn häufig verbergen sich hier die wahren Pain Points. Die Punkte, an denen es Menschen so richtig weh tut, die sie sehnlich auflösen oder weghaben möchten. Aber wie kommst du diesen auf den Grund?
Frage dich zunächst:
· Welche tief vergrabene, einem Problem zugrunde liegende Sehnsucht meines Kunden will ich erfüllen?
· Was ist darauf basierend DAS positive Ergebnis, das Kunden mitnehmen, wenn sie meine Dienstleistung / mein Produkt kaufen?
Denkst du gerade: „Ahaaa!“ Wunderbar, dann bist du deinen Powerwörtern schon ziemlich nah.
Ich persönlich schwöre bei der Beantwortung dieser Fragen auf meinen „Pain Point Deep Dive“, aka eine Fragetechnik, die wieder und wieder nachhakt – bis du den harten Grund förmlich unter deinen Füßen spürst.
So könnte das Ganze aussehen:
Stell dir vor, du verkaufst orthopädische Schuhe mit richtig Style (nicht die langweilige Sorte).
Nun fragst du dich:
Was hat mein Kunde davon sie zu kaufen? Sie/er erhält gesundheitsfördernde Schuhe, die gleichzeitig bequem und stylisch sind.
Ja und, was hat der Kunde davon? Sie/er fühlt sich wohler, wenn sie/er auf die Straße geht.
Ja und, was hat der Kunde davon? Sie/er fühlt sich selbstsicherer.
Ja und, was hat der Kunde davon? Sie/er erhält mehr Anerkennung, Lob und kommt mit neuen spannenden Menschen in Kontakt.
Ja und, was hat der Kunde davon? Sie/er fühlt sich weniger einsam.
Ja und, was hat der Kunde davon? Sie/er ist ein glücklicherer, erfüllter Mensch.
Wer hätte vor unserer kleinen Fragerunde gedacht, dass ein paar vermeintlich unbedeutende Schuhe so viel in einem Menschen bewegen und triggern können. Dein Kunde hat vielleicht ein viel tieferes Bedürfnis, als du anfangs angenommen hast. Deine möglichen Powerwörter könnten in dem Fall „Lebensglück“ oder „zufrieden“ lauten (oder individueller: „Happy Cookie“, „freudestrahlend“, „lebensfroh“).
Text plus Persönlichkeit: mein Fazit
Als deklarierte Captain von „Team Text X Personality“ möchte ich eines abschließend betonen:
Trau dich, mit deiner Schreibstimme wirklich jemand zu sein. Eine Person, die deine Leser einordnen können, mit Stärken wie Schwächen, einer klaren Meinung, mit Vorlieben und No-Gos, Hobbies und Eigenarten. Deine Stimme macht genau diese Person für den Leser greif- und nahbar.
Denn: Eine starke Persönlichkeit ist wie eine stabile Säule im Sturm, an die wir uns vertrauensvoll anlehnen können. Wir spüren instinktiv, wir sind sicher. Genauso ist es mit einem Text, der vor Persönlichkeit strahlt. Du hast das Gefühl, der Mensch dahinter veräppelt dich nicht, sondern spricht dir direkt ins oder aus dem Herzen. Das ist es doch, was wir am Ende wollen: die Leser (aka möglichen Kunden) auf Gefühlsebene erreichen, ihnen Sicherheit und ein gutes Gefühl geben und schließlich unaufdringlich in die Handlung begleiten.
Was meinst du: Werden deine Texte ab sofort nur so vor Persönlichkeit sprudeln? Ein Match Made in Heaven, genau wie Jack & Rose? Ich meine, ja.