Mental Health & Selbstständigkeit: Dream-Team oder Endgegner?

Frau sitzt auf Balkon, trinkt Kaffee und blickt in die Ferne.

Die Pflege unserer mentalen Gesundheit ist kein Sprint, sondern ein lebenslanger Marathon.

Selbst und ständig, höher, schneller, weiter, ohne Fleiß kein Preis… Wer bietet mehr? Okay, im Ernst. Leider sind derartig ausgelatschte Selbstständig-Treter für manch einen so hip wie nie – und stellen die mentale Fitness der Pausenlos-Hustler mächtig auf die Probe. Warum gerade Selbstständige mit ihrer mentalen Gesundheit „kabbeln“, was typische Red Flags sind und wie wir unser Wohl langfristig nähren, erfährst du im Folgenden.

Die Bedeutung von Mental Health für Selbstständige

Selbstständige begegnen anderen berufsbezogenen Herausforderungen als Angestellte. Das ist kein Geheimnis. Der/die eigene Chef:in sein, sich die Zeit frei einteilen und bestenfalls entscheiden können, welchen Auftrag man annimmt – das alles sind unverkennbare Vorteile im Leben eines/r Selbstständigen. Doch der verlockenden Autonomie steht die mindestens genauso mächtige Verantwortung gegenüber.

Für Freelancer:innen bedeutet das konkret:

-          One-(Wo)Man-Business

Als Freelancer:in hast du in der Regel keinen Back-Up. Du schmeißt eine One-(Wo)Man-Show. Wenn du ausfällst, fällst du aus. Keine Rocket Science, sondern der harte Realität (ja, der!). Du bist allein für dein Business, deine Entscheidungen, Erfolge und Fehltritte verantwortlich. Man könnte hier eventuell von *Druck* sprechen.

-          Team… What?

Als Freelancer:in streunst du meist allein durch deinen Berufsalltag. Reger Austausch mit Kolleg:innen ist an vielen Tagen Fehlanzeige. Hier geht es aber nicht nur um den juicy Small Talk am Kaffeeautomaten, sondern auch darum, sich anderen hin und wieder anzuvertrauen statt die Dinge mit sich selbst auszumachen.

-          9 to 5? Kenn ich nicht.

Du hast keine Stechuhr oder keinen Vertrag, der dir sagt: Du arbeitest diesen Monat x und verdienst y. Deine Arbeits- und Pause-Zeiten sind schwebend, sodass es dir abends schwerfällt, den Stift fallen zu lassen. Aber wann ist es Zeit aufzuhören? Du hast keinen Plan und schon gar kein Gefühl. Das berüchtigte „selbst und ständig“ mogelt sich ein. Die Konsequenz: Du überschätzt deine Kapazitäten und überforderst dich.

Vorsicht, Obacht, Aufgepasst: Diese Warnsignale zeigen dir, dass dein Akku auf Rot läuft

Es gibt unzählige körperliche Symptome, die dir wie kleine Warnlämpchen signalisieren möchten, wo es hakt und worauf du deine Aufmerksamkeit lenken darfst. Du musst nur eines tun: hinsehen, hinhören und hinfühlen. Das gelingt am einfachsten, wenn du zur Ruhe kommst und dich mit dir, deinen Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen verbindest. Lies dazu gerne meinen Artikel „Emotionale Dissonanz im Business & Copywriting: eine Lose-Lose?“.

Typische Anzeichen für einen leerlaufenden Akku sind:

·         Demotivation

Dir fällt es schwer, dich zu konzentrieren und Projekte fokussiert und effizient zu Ende zu bringen.

·         Überforderung

Du bist oft gereizt, aggressiv, müde, schläfst schlecht.

·         Grübelei

Du zweifelst an dir und/oder deinem Business und fragst dich, was du falsch machst, warum alle anderen (vermeintlich) erfolgreicher sind und stellst deine komplette Selbstständigkeit in Frage.

·         Angst

Du hast Angst falsche Entscheidungen zu treffen, bist ständig verspannt und/oder angespannt, dir fällt es schwer, dich zu spüren, deine Gefühle zuzulassen und einzuordnen.

·         Wiederholte Fehler

Du machst immer wieder die gleichen oder ähnliche Fehler, wirst immer frustrierter und unsicherer im Umgang mit deinen Kunden.

 

7 simple Strategien, um deinen mentalen Speicher zu füllen

Sind wir mental fit, spüren das unsere Kund:innen, die Arbeit geht uns leichter von der Hand, wir empfinden Freude und lassen uns nicht von äußeren Erwartungen leiten. Eine klare Win-Win für alle. Aber wie genau nähren wir unsere mentale Fitness zugunsten aller Beteiligten?

Einige hilfreiche Impulse:

-          Bis hier hin und nicht weiter – Setze gesunde Grenzen

Das Setzen gesunder Grenzen gehört zu den wichtigsten Nährstoffen unseres psychischen Systems. Dabei geht es um Arbeits- und Ruhezeiten, gesunde Workloads, Kundenbeziehungen und -vereinbarungen. Gleichzeitig geht es darum, kritische oder gar negative Stimmen aus dem Außen auszublenden, sich wortwörtlich abzugrenzen.

Finde für dich heraus, wo genau du deine privaten und geschäftlichen Grenzen ziehen möchtest, damit es dir gut geht. Das erfordert ein feines Gespür dafür, wie weit dein persönlicher Toleranzbereich überhaupt reicht. Gib dir Zeit und achte auf deine Intuition, dein Bauchgefühl – und folge ihr.

-          Ich brauche ___ – Erkenne deine Bedürfnisse und erfülle sie

Unsere Bedürfnisse sind DER Kompass für gesunde Selbstfürsorge, und damit die Wegweiser zu unserem körperlichen, emotionalen und mentalen Wohlbefinden. Trainieren und nutzen wir diesen Kompass regelmäßig, ist alles top. Ignorieren wir unsere Bedürfnisse jedoch langfristig oder stellen sie hintenan, kommen wir von unserem Weg ab und verirren uns.

Was ich damit sagen will: Wir dürfen jeden Tag mit unseren Bedürfnissen, egal ob körperlich oder mental, ins „One-on-One“ gehen, und schauen, wo gerade ein Mangel besteht und was wir brauchen, um diesen zu beheben. Sage dir z. B. als Orientierung: „Ich brauche gerade x und ich erfülle es mir durch y (& z).“

 

-          Der Vergleich als Erzfeind des Genies

Regel Nummer 1, wenn du selbstbewusst und voller Vertrauen in dich und deine Fähigkeiten durch deine Selbstständigkeit oder andere galaktische Sphären schweben möchtest – ob als Mama, Freelancer, Sportler, Partner, Tochter, Astronaut, ...: Hör auf, dich am Weg anderer zu orientieren und konzentrier dich auf deinen eigenen. Klingt abgedroschen, ist aber so.

 

-          Netzwerken, Netzwerken… und noch mal Netzwerken

Ich muss zugeben, ich feiere die meditative Ruhe in meinem Home Office, die mich zwischendurch ganz unaufgeregt mit einem sanften Gluckern des Kühlschranks daran erinnert, dass ich vielleicht doch nicht ganz allein bin. So läuft es jedenfalls an den meisten Tagen. Und manchmal, da wünsche ich mir jemanden, der mir – so wie früher – vom gegenüberliegenden Schreibtisch ein verständnisvolles Zwinkern entgegenwirft und mich spüren lässt: „Ich bin nicht allein.“

Denn manchmal tendiere ich in meinem Freelance-Paralleluniversum dazu, mich in Dinge zu verrennen oder sie vor Unwissenheit vor mir herzuschieben. Wenn ich mich schließlich in meiner Ausweglosigkeit suhle, fällt es mir wie Quark-Gurkenmaske von den Augen: Ich könnte eine:n andere:n Freelancer:in um Rat fragen – und dabei entspannt leckeren Cappu süffeln. Schon mal ausprobiert?

Im Ernst: Wie wäre es mit einer (Online-) Networking-Gruppe in deinem Bereich, Co-Working, der Teilnahme an Events, Workshops oder Messen, neuen Social Media Bekanntschaften via LinkedIn und Co., Freelancer-Lunch-Dates oder ähnlichem? Ich reiße dich ungern aus deinem heimeligen Igelbau, aber: Es bieten sich schier unendliche Möglichkeiten für uns Selbstständige, uns aus der vermeintlichen Isolation zu befreien.

 

-          It is what it is – Übe dich in Akzeptanz

Schon wieder kein Auftrag heute? Blöd, aber kein Weltuntergang.

Nimm Down-Times für das an, was sie sind: Zeiten, in denen du einfach weniger zu tun hast, weniger Stress, weniger Deadlines, weniger Geld. Und dafür mehr Zeit für dich, mehr in den Tag leben, mehr Zeit für Weiterbildungen, Familie, Freunde etc. Stell dich und dein Business in solchen Phasen nicht sofort selbst in Frage oder zweifle an deiner Kompetenz. Down-Times sind die Ebbe. High-Times die Flut.

 

-          Zeit = unsichtbares Gold – Nutze sie weise

Zeit ist gerade für uns Selbstständige (& Mütter) das höchste Gut. Und deshalb dürfen wir uns jeden Tag noch genauer überlegen, wie wir diese Zeit in unserem Business nutzen – und für welches Ziel:

Wollen wir heute Umsatz machen, also Aufträge bearbeiten (= wertschöpfende Aktivitäten), oder Dinge, die dafür sorgen, dass wir in der Zukunft Umsatz machen, wie z.B. Marketing, Networking oder Events (= wertschaffend), wollen wir unsere Brand weiterentwickeln und etwas bewegen, oder wollen wir uns darauf konzentrieren, was keinen direkten Wert generiert, wie Steuer, Buchhaltung oder Technik (= werterhaltend)?
Überlege dir jeden Tag aufs Neue, worauf dein Fokus liegen soll, setze dir ein konkretes Zeitfenster für jede Aktivität, und lass dich möglichst nicht ablenken. Übrigens: Konzentration und Produktivität sind erlernbare Skills und oftmals eine Frage der Willenskraft und Schaffung passender Rahmenbedingungen. Just saying…

 

-          Mache viele Fehler – Und lerne draus

Du hast richtig gehört. Gerade am Anfang der Selbstständigkeit sollten Fehler Teil deiner täglichen Routine sein – genau wie der fixe Run am Morgen oder der Kaffee um 3. Freu dich darauf Fehler zu machen, und danke jedem einzelnen für die wertvollen Learnings. Denn anders angeordnet sind FEHLER nichts als wertvolle -> HELFER.

Fazit: Ein Investment für’s Leben – deine mentale Gesundheit

Als Selbstständige sollten Selbstfürsorge und das Pampern unserer mentalen Gesundheit fester Bestandteil unserer täglichen Routine sein – besonders dann, wenn wir gerade so gar keine Zeit haben. Sieh es als langfristige Investition in dich und dein Unternehmen statt als unliebsames To Do, dich um deine mentale und emotionale Gesundheit zu kümmern. Zum Beispiel durch regelmäßige Selbstreflexion, das Setzen gesunder Grenzen oder den regelmäßigen Austausch mit Gleichgesinnten. Finde die für dich passenden Übungen und Strategien und stärke deinen Mental Health Muskel langfristig. Aber denk dran: du läufst keinen Sprint, sondern einen Marathon.

Weiter
Weiter

Emotionale Dissonanz im Business & Copywriting: eine Lose-Lose?